„Die Diagnose war wie ein Schlag ins Gesicht“

Julias Wegbegleiter sind tiefinfiltrierte Endometriose und Adenomyose. Mit uns spricht Julia über den Weg zu ihrer Diagnose und was sie sich von der Medizin wünscht. Julia plädiert klar für ein Miteinander der Betroffenen und wünscht sich einen gegenseitigen Austausch, um sich Mut zuzusprechen, Zuversicht zu vermitteln und vor allem auch gegenseitig Tipps zu geben. Wie Recht du hast, liebe Julia! Vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns teilst.

Mehr über Julia findest du auf ihrem Instagram-Kanal.

Der Austausch mit einem Endometriose-Zentrum und anderen Betroffenen kann ein Stück Linderung bringen

Julia erhält ihre Diagnose Anfang 2020. Der Weg zur Diagnose war, wie sie selber sagt, ein holpriger Weg. Es war lange nicht klar, woher Julias Beschwerden kommen, die sie sehr in ihrem Alltag eingeschränkt haben und dies immer noch tun. Die Diagnose ist einerseits eine Erlösung, weil sie Gewissheit bringt, auf der anderen Seite aber ein Schlag ins Gesicht. Und das nicht nur wegen Julias unerfülltem Kinderwunsch. Für Julia war und ist es schwierig zu akzeptieren, dass der Weg zu eigenen Kindern zwar möglich ist, aber für sie schwieriger wird. Julia wünscht sich eine bessere Aufklärung seitens der Medizin. Beim Umgang mit der Krankheit kann der Kontakt zu Endometriose-Zentren und anderen Betroffenen ein Stück Linderung bringen.

Leidest du unter Endometriose oder Adenomyose?

Meine Wegbegleiter sind tiefinfiltrierte Endometriose sowie Adenomyose.

Was führte zu deiner Diagnose und in welchem Alter hast du sie bekommen?

Meine Diagnose erhielt ich als Zufallsbefund im Alter von 26 Jahren. Durch meinen unerfüllten Kinderwunsch sollte die Durchlässigkeit meiner Eileiter überprüft werden. Durch die Bauchspiegelung erhielt ich dann die bittere Diagnose tiefinfiltrierte Endometriose sowie Adenomyose.
Meine seit Jahren anhaltenden Beschwerden, wie starke Darmbeschwerden, Zyklus ab- und unabhängige Schmerzen, Migräne, Akne wurden vorher nicht ernst genommen oder mit Endometriose in Zusammenhang gebracht.

Wie viel Zeit ist zwischen deinen ersten Symptomen und deiner Diagnose vergangen? Gab es Fehldiagnose auf diesem Weg?

Meine ersten Symptome machten sich schon sehr früh in der Pubertät bemerkbar. Aber schon früh wurde mir nahe gelegt, dass ich nicht so empfindlich sein soll und eine Periode nunmal schmerzhaft ist. Als Lösung wurde mir früh die Anti Babypille empfohlen. Viele Jahre nahm ich diese. Tatsächlich wurde meine Periode anfangs durch die Pille erst einmal weniger schmerzhaft. Daher nahm ich diese ungefähr zehn Jahre, bis ich diese nicht mehr gut vertragen habe.

Die anderen Beeinträchtigungen waren für mich so konfus, dass ich diese nicht zuordnen und oder in einem Zusammenhang setzen konnte.
Für mich wurde es „normal“ so eingeschränkt zu sein. Teilweise waren die Beeinträchtigungen von einem gewissen Scham behaftet.
Ich weiß nicht, ob ich das Rätselraten der Ärzte als Fehldiagnose betiteln würde. Fakt ist, dass es schwierig ist, eine Endometriose zu diagnostizieren. Jedoch waren die Beeinträchtigungen alle typisch für eine Endometriose. Daher enttäuscht es mich, dass viele Ärzte diese Krankheit nicht direkt auf dem Schirm haben. Oder frühzeitig einen Verdacht äußern.
Viele Jahre sind daher vergangen, in denen ich mich mit Aussagen wie „Könnte es sein, dass Sie empfindlich sind?“, „Haben Sie Stress?“, „Sagt Ihnen psychosomatisch etwas?“ konfrontiert wurde. Eine Lösung für meine Beschwerden wurde lange nicht gefunden.

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Am meisten belastet mich, dass ich seit Jahren Probleme mit der Verdauung habe. Die Schmerzen können einen regelrecht in den Wahnsinn treiben.

Welche Symptome belasten dich am meisten?

Am meisten belastet mich, dass ich seit Jahren Probleme mit der Verdauung habe. Die Schmerzen können einen regelrecht in den Wahnsinn treiben. Durch den aufgeblähten Bauch kam es schon das ein oder andere mal dazu, dass ich gefragt wurde, ob ich schwanger bin. Dann tut es umso mehr weh selbst zu wissen, dass dies bisher nur ein sehnlichster Wunsch ist, aber bisher leider nicht meine Wahrheit ist.

Mit welchen Therapieverfahren hast du besonders positive und besonders negative Erfahrungen gemacht?

Ich bin seit vielen Jahren ein Freund von zusätzlicher Supplementierung von Vitaminen. Dazu probiere ich seit einigen Monaten die „Goldene Milch“. Tatsächlich sind durch die Goldene Milch die klassischen Periodenschmerzen etwas erträglicher geworden. Die Vitamine helfen mir, mein Immunsystem zu unterstützen. Dies gibt mir persönlich ein gutes Gefühl. Dieses möchte ich in meinen Alltag definitiv nicht missen.
Klassische Medikation wie Schmerzmittel sind leider unerlässlich für mich.

Wie würdest du Endometriose in einem Bild beschreiben? Was symbolisiert Endometriose für dich?

Endometriose ist für mich immer wieder ein Bote, der mir Achtsamkeit lehrt. Sich und die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und sich selbst zurückzunehmen, wenn es einfach nicht geht. Trotz positiver Herangehensweise bleibt meine chronische Erkrankung ein Energiefresser. Ich bin in vielen Dingen im Vergleich zu einer gesunden Frau eingeschränkt und das tut manchmal weh. Zu akzeptieren, dass man ein Handicap hat, fällt nicht immer leicht. Aber meine Freude am Leben möchte ich mir durch die Erkrankung nicht nehmen lassen.

Was wünscht du dir von der Medizin im Bezug auf die Endometriose?

Bessere Aufklärung. Empathie dem Patienten gegenüber.

Welche Worte hast du runtergeschluckt, anstatt sie laut auszusprechen? Und wem möchtest du sie sagen?

Unterstellungen oder Aussagen wie „Könnte es sein, dass Sie empfindlich sind?“ treffen mich nach wie vor. Daher hätte ich gern in der ein oder anderen Situation folgende Worte meinem Gegenüber entgegen gebracht: „Ob ich empfindlich bin? Ich wünsche meinem schlimmsten Feind nicht einen Tag mit diesen Beeinträchtigungen und Schmerzen, die eine Frau mit dieser Diagnose erleidet.“ Diese Worte hätte ich gern meiner früheren Gynäkologin an den Kopf geschmettert. Aber leider auch Menschen aus meinem näheren Umfeld.

Was wünschst du dir von anderen Menschen im Umgang mit Betroffenen?

Einfühlungsvermögen.
Verständnis.

Welchen Rat möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Habt Geduld und Nachsicht mit euch selbst. Achtet auf euch und euer Wohlergehen. Wenn es euch nicht gut geht, dann nehmt euch Raum und die Zeit euch etwas Gutes zutun.

Mehr von Julia erfährst du auf ihrem Instagram-Account.

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