Endlich mehr Gelder für die Endometriose-Forschung!

Kurz vor ihrem 22. Geburtstag erhält Leonie ihre Diagnose: Verdacht auf Adenomyose. Bis zu dieser Verdachtsdiagnose vergingen vier Jahre. Vier Jahre voller Schmerzen, unzähliger Krankenhausbesuche und Ungewissheit. Heute hat Leonie die Schmerzen einigermaßen im Griff. Dank einer Hormonspirale und Anpassung ihres Lebensstils an die Krankheit Adenomyose. Danke liebe Leonie, dass du dir die Zeit genommen hast, deine Geschichte zu erzählen und unsere Fragen zu beantworten.

Adenomyose, Periodenschmerzen, Behandlungsmöglichkeiten und Gleichberechtigung

Leonie betreibt seit ziemlich genau einem Jahr den Aufklärungskanal @adenomyose, der sich, wie der Name schon sagt, rund um Adenomyose dreht, aber auch Themen wie Periodenschmerzen, Behandlungsmöglichkeiten und Gleichberechtigung aufgreift. Wir haben Leonie gefragt, wie ihr Weg und ihre Erfahrungen bis zur Diagnose waren und wie sie heute mit der Diagnose umgeht.

Leidest du unter Endometriose oder Adenomyose?

Leonie: Ja, ich habe die Verdachtsdiagnose Adenomyose, jedoch wurde durch eine Bauchspiegelung in einem Endometriose Zentrum die Endometriose ausgeschlossen.

Was führte zu deiner Verdachtsdiagnose und in welchem Alter hast du sie bekommen?

Leonie: Mein Kreislauf ist von den extremen Schmerzen immer wieder zusammengebrochen und normale Schmerzmittel hatten keine Chance mehr. Es war so schlimm, dass ich immer wieder im Krankenhaus war und ich vermutlich einmal alleine in meinem Zimmer ohnmächtig wurde. An diesem schrecklichen Tag schwor ich mir, alles zu tun, damit ich nicht mehr solche Schmerzen erleiden musste. Deswegen nahm ich einen Ärzte-Marathon auf mich. Die Verdachtsdiagnose bekam ich letztendlich durch einen vaginalen Ultraschall meiner ehemaligen Gynäkologin. Da war ich kurz vor meinem 22 Geburtstag.

Wie viel Zeit ist zwischen deinen ersten Symptomen und deiner Verdachtsdiagnose vergangen? Gab es Fehldiagnose auf diesem Weg?

Leonie: Meine Menstruation begann mit 15 Jahren, meine extremen Schmerzen jedoch erst mit 18 Jahren. Bis zur Verdachtsdiagnose dauerte es 4 Jahre.

Welche Symptome belasten dich am meisten?

Leonie: Früher haben mich die extremen Schmerzen und dass mir gleichzeitig das Atmen und Sehen schwer fiel, am meisten belastet. Hinzu kam die Angst alleine ohnmächtig zu werden und nicht mehr rechtzeitig den Notruf tätigen zu können. Die vier bis fünf Tage Verstopfung zu Beginn meiner Menstruation sowie die gefühlten Liter an Blut, dich ich verlor, waren dagegen nur nervig. Heute habe ich all das nicht mehr und mich belasten „nur“ noch zahlreiche Nebenwirkungen meiner Mirena (Anm.d. Red.: Hormonspirale).

Mit welchen Therapieverfahren hast du besonders positive und besonders negative Erfahrungen gemacht?

Leonie: Mit keinem Therapieverfahren habe ich die Lösung für alles gefunden. Es gibt leider kein Allheilmittel. Mir hilft eine Mischung aus ganz vielem: vor allem aber synthetische Hormone. Durch die Hormonspirale Mirena habe ich relativ viel Lebensqualität zurück bekommen, da ich nun Schmerzen habe, die aushaltbar sind. Dafür habe ich eine ganze Bandbreite an Nebenwirkungen.

Zyklusabhängige und adenomyosefreundliche Ernährung, Sport, gezieltes Dehnen (Yoga, Stretching Übungen), Wärme, Tens-Gerät, Naproxen (Schmerzmittel), gesunde Psyche, also wenig Stress, ein Umfeld, das mich akzeptiert und respektiert wie ich bin usw. helfen mir bei leichten bis mittlere Schmerzen. Gegen starke und extreme Schmerzen hilft mir wie gesagt nur die Hormonspirale Mirena. Opiate habe ich bisher abgelehnt, da ich mich für das, in meinem Fall, geringere Übel der Hormonspirale entschieden habe. 

Außerdem hat mir eine Schmerztherapie geholfen, da ich dort den konkreten Umgang mit Schmerzmitteln gelernt habe und die Ärztin sich Zeit für alle möglichen anderen Fragen von mir nahm.

Negative Erfahrungen habe ich durch die falsche Nutzung von unpassenden Schmerzmitteln und den Nebenwirkungen von synthetischen Hormonen gemacht.

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Schmerztherapie hilft beim korrekten Umgang mit Schmerzmitteln.

Wie würdest du Adenomyose in einem Bild beschreiben? Was symbolisiert sie für dich?

Leonie: Wenn ich an Adenomyose denke, denke ich an Leid und Kampf. Ich denke an das ganze Leid, aller Frauen* mit Problemen rund um den Zyklus, die nicht ernst genommen werden. Aufklärung, Enttabuisierung und dass so viele Leute wie möglich aktiv werden, um darauf aufmerksam zu machen, sehe ich momentan als das Wichtigste an. Dadurch können es spätere Generationen einfacher haben. Themen wie Zykusbeschwerden und Erkrankungen müssen endlich in der Politik und der Öffentlichkeit ankommen, damit so mehr Gelder für Forschung, Behandlung etc. zur Verfügung gestellt werden.

Welche Worte hast du bezüglich Adenomyose runtergeschluckt, anstatt sie laut auszusprechen? Und wem möchtest du sie sagen?

Leonie: Mittlerweile schlucke ich nichts mehr runter. Ich habe in den letzten Jahren einen großen Verarbeitungsprozess hinter mir. Früher habe ich sehr viel runtergeschluckt. Vieles habe ich bereits mit diesen Personen aufgearbeitet oder den Kontakt abgebrochen, wenn es nicht anders ging.

Um ein Beispiel zu nennen: Ein Familienmitglied lenkte immer sofort von meiner Erkrankung ab, wenn ich darüber zu reden versuchte. Ich wollte nie Mitleid, sondern erklären warum ich eine OP hatte und einfach ehrlich auf die Frage antworten, wie es mir geht. Er fing immer sofort an von schlimmeren Dingen wie den Tod zu reden. Ich fühlte mich nie erst genommen, da seine Antworten für mich suggerierten, dass es schlimmeres im Leben gibt, als meine Probleme. Ich habe die Person darauf angesprochen, aber nichts kam zurück. Das war über zwei Jahre so der Fall. Schließlich ist mir aufgefallen, dass dieser Mensch einfacher bzw. überhaupt nur über Gefühle reden kann, wenn er eine Nachricht schreibt. Infolgedessen schrieb ich ihm, dass ich ihn sehr gerne mag, aber ich mich nicht ernstgenommen fühle, wenn er immer von meiner Erkrankung ablenkte. Daraufhin kamen die emotionalsten Worte seines Lebens, und zwar, dass er nicht weiß, was er darauf antworten soll. 

Dieser eine Satz genügte mir und mir wurde auch klar, dass er das Wort Menstruation usw. noch nie in den Mund genommen hatte, sich das aber aufgrund seiner Lebenseinstellung nicht mehr ändern wird. Mittlerweile schenkt er mir spezielle Heilkräutertees gegen meine Beschwerden, was ich als die größte Geste überhaupt wahrnehme. Ich habe meinen Umgang mit ihm so akzeptiert und nun respektieren wir uns gegenseitig.

Wie beeinflusst die Krankheit dein Privatleben bzw. dein Berufsleben?

Leonie: In meinem Privat- und Berufsleben komme ich mit der Mirena ganz gut klar. An meinem Privatleben bzw. Umfeld habe ich, wie bereits erwähnt viel gearbeitet. Momentan bin ich Studentin. Die meisten Profs zeigten meiner Erkrankung gegenüber Verständnis. Tipp an alle Studis: Solltest du Probleme in der Uni haben, wende dich an das Gleichgestellten Büro. Dort wird dir geholfen. In manchen Firmen gibt es auch eine Gleichstellungsbeauftragte, an die man sich wenden kann. 

Was hat dir im Moment deiner Diagnose am meisten geholfen? Was hat dir gefehlt?

Leonie: Genau in dem Moment war ich unendlich erleichtert. Endlich wusste ich, was mein Leid verursachte und dass ich nicht „verrückt“ war, wie es von mehreren Ärzt*innen hieß. Der Ärzt*innen-Marathon hatte sich gelohnt.

Welchen Rat möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Leonie: Gebt niemals auf! Wenn ihr das Gefühl habt, es stimmt etwas nicht mit euch geht dem nach. Sucht so lange nach Ärzt*innen, bis ihr jemanden findet, der/die dich ernst nimmt und dir vor allem zuhört und vertraut. 

Was wünscht du dir von der Medizin?

Leonie: Ich wünsche mir eine Änderung der Aus- und Weiterbildung. Nicht nur aktuelle Medizinstudent*innen sollten über Endometriose, Adenomyose, PCOS, PMDS usw. Bescheid wissen, sondern eine Weiterbildung für alle Gynäkolog*innen sollte verpflichtend sein. Alle Gyns sollten die Merkmale der Erkrankungen kennen und Betroffene in ein Zertifiziertes Endometriose Zentrum zur Beratung überweisen. Außerdem wünsche ich mir, dass Endometriose-Spezialist*innen auch über Adenomyose Bescheid wissen und Patent*innen darüber aufklären.


Danke für das Interview, Leonie! Mehr von Leonie findest du auf ihrem Instagram-Kanal: @adenomyose

1 Kommentar zu „Erfahrungsbericht mit Leonie: Diagnose Adenomyose“

  1. Das tut mir Leid, dass ein so junges Mädchen diese Krankheit erleiden muss ud hoffe, dass du bald eine Möglichkeit erfährst, dich davon zu heilen.
    Mein Leiden hat mit 35 begonnen, da sich nach 5 Ehejahren, langem Berufsleben und finanziellen Plänen immer mehr der Wunsch nach Kinder einstellte..
    Meine ersten 2 SW endeten in der 9. Woche mit unvorstellbaren Schmerzen und Ausschabung.
    Nach der ersten SW sah der Gyn erstmals etwas in der Gebärmutter, das er mit Myom identifiziert hat. Damals 3 cm und ein kleineres. Zusätzlich eine Hashimato Schilddrüsen Unterfunktion .Ich war dann in Heidelberg Uniklinik, hier wurde mir gesagt, ich hätte wahrscheinlich ein oder 2 Myome in der Gebärmutter und dies scheint mit der Gebärmutter verwachsen zu sein und nicht operabel oder nur teilweise. Also sollte ich versuchen wieder schwanger zu werden.
    Meine erste Menstruation war mit 15 und keinen Monat ohne starke Schmerzen.
    Die ersten SW waren im Jar 2013.
    Ich war damals angestellt und machte mir jedes mal Stress als ich SW war, da ich auch täglich weit zur Arbeit fahren musste und schlechtes Gewissen hatte, krank zu machen, nur weil ich schwanger war, obwohl ich wusste, dass die Dinge nicht normal waren. Nach der 2. Sw war ich in einer KiWu und hier wurde mir gesagt, ich solle vielleicht Babyaspirin in der Schwangerschaft nehmen
    Schließlich wurde ich 2014 zum 3. Mal schwanger und wechselte den Gyn.
    In der 6.Woche bekam ich wieder Blutungen, fuhr ins KH. Der Arzt dort verschrieb mir sofort Uterogest vaginal 3x am Tag, riet mir auch zur Babyaspirin und strenge Bettruhe.
    Ich wurde krank geschrieben und bekam von meiner Gyn einen Beschäftigungsverbot.
    Ich nahm die Medikamente und habe mich bis zum Ende 5. Monat sehr geschont, weil ich so Angst hatte, wieder Blutungen zu bekommen.
    Wir waren überglücklich, da die kleine heranwuchs und die Kontrollen i.O. waren.
    Bis leider in der 40. Swoche eine Präeklemsie
    festgestellt wurde und ich einen Notkaiserschnitt bekam.
    Mein Baby hatte einen schweren Start mit Loch im Herzen und Atemaussetzer aber mit Gebeten und tollen Ärzten in der Kinder intensivstation haben wir es geschafft. Als unser Baby 18 Monate war. wollten wir ein Geschwisterchen, jedoch endete die 4. SW auch mit einer Fehlgeburt in der 9.Wo.
    Danach wurde der vermeintliche Myom größer und die Menstruation schmerzhafter und intensiver. Ich fuhr in die Uniklinik in Mannheim, hier sagte man mir, bei so einem Befund entferne man eher die Gebärmutter oder versucht es teilweise zu entfernen.
    Wir wollten mind. 2 Kinder und ich liess eine MRT vom Bauch machen und sendete die CD an die Spezialisten im Myomzentrum Dachau. Nach einiger Zeit telefonierte ich mit dem Arzt und erstmals hörte ich das das Gewebe nicht wie ein Myom, sondern wie eine Adenomyose aussieht und oft mit Myome verwechselt wird.
    Jetzt wusste ich endlich was es war.
    Ich war inzwischen 40. Ich war müde und traurig, auf der anderen Seite musste ich für mein Kind da sein, das für mich ein absolutes Wunderkind ist!
    Leider konnte ich nicht mehr schwanger werden und beide Versuche eine Therapie mit Visanne zu machen blieb erfolglos, da ich die NW ab der 2. Tablette absolut nicht durchhalten konnte 🙁
    Die Adenomyose wurde immer schlimmer, die Gebärmutter wuchs mit. Es kam die Pandemie, Arbeit, Kind usw und wir haben dann nach erfolglosen 2 Jahren die Familienplanung schweren Herzens abgeschlossen. Meine kleine wünscht sich sehr ein Geschwisterchen und mir tut es sehr leid für sie..
    Nun mit 43 merkte ich, das es mir zunehmend schlechter ging und ich seit Jahren auch eine schwere Blutanämie behandeln lassen musste. Alle 2 Monate Eiseninfusion und Tabletten.
    Innerhalb 4 Monaten wuchs meine GM immer mehr und der Blutverlust war immens.
    Ich sagte zum Gyn, das ich keine Kraft mehr habe und schließlich wurde ich ins KH eingewiesen.
    Die Op dauerte wohl 3 Stunden, da alles verwachsen war. Ein toller Oberarzt hat mir geholfen keine Angst zu haben.
    Nach der Op muss man sich schonen und ich persönlich habe auch viel geweint und mich in Gedanken von meiner GM verabschiedet, da ich dankbar bin für meine kleine, die heranwachsen durfte.
    Mit 44 habe ich nun nur meine Eierstöcke und freue mich auf hoffentlich eine Zeit, ohne Periode und Schmerzen, obwohl mir es immer noch weh tut, kein 2. Kind bekommen zu haben. Vielleicht hätte ich gleich nach der Geburt versuchen sollen, wieder schwanger zu werden, vielleicht hätte es dann funktioniert? Ich weiß es leider nicht..
    Ich weiß nur, dass ich unendlich dankbar für mein Kind bin und bete es aufwachsen zu sehen und lange lange bei ihm sein zu dürfen.
    Ich wünsche mir eine Welt, in der kein Kind leiden muss und hoffe mit meinen Erfahrungen das Leid vieler Frauen teilen zu können.
    Sibel C.

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