Ohne Endometriose hätte ich mich stärker auf meine Karriere konzentriert

Melli bekommt ihre Diagnose nach etwa 10 Jahren Suche nach der Ursache ihrer Beschwerden – da ist sie 23 Jahre jung. Heute blickt Melli auf fünf Endometriose-Operationen zurück. Aber auch auf zwei Schwangerschaften. Wir bedanken uns, dass Melli uns Einblick in ihr Leben mit den beiden Krankheiten gewährt.

melli k. leben mit endometriose & adenomyose

10 Jahre Odyssee mit unzähligen Arztbesuchen und Untersuchungen

Die Diagnose Adenomyose und Endometriose hat Mellis Leben, wie das so vieler Betroffenen verändert. Die Krankheit zwingt sie, sich bereits frühzeitig mit dem Thema Kinder auseinanderzusetzen. Die erste Schwangerschaft kommt schnell und verläuft unkompliziert. Bei der zweiten verläuft es dann nicht mehr ganz so einfach und es gibt durch die Endometriose bedingte Komplikationen. Ohne Endometriose wäre sie eher nicht mit 28 Mutter geworden, sagt Melli.

Leidest du unter Endometriose oder Adenomyose?

Melli: Unter beidem. Behandelt und operiert wurden bisher allerdings nur die außerhalb der Gebärmutter vorkommenden Herde.

Was führte zu deiner Diagnose und in welchem Alter hast du sie bekommen?

Melli: Ich habe seit meinem 12., 13. Lebensjahr schlimme Regel-Schmerzen und weitere Symptome und bekam die Diagnose dann mit 23 Jahren.

Wie viel Zeit ist zwischen deinen ersten Symptomen und deiner Diagnose vergangen?

Melli: Zehn Jahre und eine Odyssee an Arztbesuchen und Untersuchungen. Es war einiges an Fehldiagnosen dabei…Reizdarmsyndrom, Reizmagen, Verspannungen, Darmentzündung, „nichts“ (bzw. das nicht-ernst-genommen-werden) und das klassische „ist bestimmt was Psychosomatisches“.

Welche Symptome belasten dich am meisten?

Melli: Die massiven Rücken- und Unterleibschmerzen und die heftigen Blutungen. Dazu Kopfweh, Eisprungschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung, teilw. Brustschmerzen und Verdauungsprobleme bzw. -schmerzen.

Wie beeinflusst die Krankheit dein Privatleben bzw. dein Berufsleben?

Melli: Mehr, als ich es mir selbst eingestehen möchte. Ich musste mich ab meinem 23. Lebensjahr mit dem Thema Kinder beschäftigen, habe auf einige „Lebensziele“ verzichtet, wie zum Beispiel Auslandsaufenthalt, Fernreisen, weiterführender Studienabschluss usw. Ohne Endometriose wäre ich auch vermutlich nicht mit 28 „schon“ Mama geworden (natürlich habe ich das keine Sekunde bereut :)).
Beruflich betrachtet hätte ich mich verstärkter auf meine Karriere konzentriert und vielleicht einen anderen Weg eingeschlagen.

Mit welchen Therapieverfahren besonders positive oder negative Erfahrungen gemacht?

Melli: Ich habe ca. fünf verschiedene Pillen (durch-) genommen. Keine war erfolgreich im Unterdrücken der Periode und die Nebenwirkungen waren sehr unschön. Daher habe ich im Herbst 2013 die Hormone ganz weglassen, da sie weder Linderung noch Verbesserung gebracht haben. Die Operationen (bisher fünf) hingegen haben mir sehr geholfen, wenn auch nur temporär. 2019 war ich zum ersten Mal in der Schmerzklinik zur Beratung, diese rieten mir zu einer stationären Therapie, die ich allerdings nicht in Anspruch genommen habe, weil ich sonst zu lange von meiner Tochter getrennt gewesen wäre. Sie gaben mir diverse Tipps und verschrieben mir Opiate, die ich aber nie genommen habe, da u.a. die Konzentration gestört ist und Auto fahren nicht erlaubt ist, und andere starke Schmerzmittel.

Ich bin seit Jahren bei einer Heilpraktikerin in Behandlung, und habe immer wieder mal pflanzliche Kuren gemacht sowie Schröpfen, Akupunktur, Tapen oder Mittel zur Stärkung des Immunsystems genommen.

Außerdem habe ich regelmäßige Behandlungen beim Osteopathen. Für mich persönlich hat sich eine Mischung aus alternativer Medizin und Osteopathie, Yoga, Sport und eigener Achtsamkeit (Schlaf, Auszeiten, Zeit für sich) und regelmäßiger OP-Sanierung am ehesten bewährt.

Was hat dir im Moment deiner Diagnose am meisten geholfen und was gefehlt?

Melli: Das „ernst genommen werden“, von Ärzten, von meinem engen Umfeld und der Rückhalt meines Partners tat gut.  Und dass endlich die Aussicht auf eventuelle Heilung bestand. Schwierig fand ich die relativ schwammigen, ungenauen Infos über die Krankheit und einen Arzt zu finden, der sich wirklich mit der Thematik auskannte. Ich bin auch von zwei Ärzten weg, die als einzige Lösung die Pille empfahlen und mich fast schon auslachten, dass ich diese ablehnte. Vor zehn Jahren wurde noch sehr selten über Endometriose gesprochen oder berichtet – ich finde es toll, dass das heute so viel besser geworden ist.

Melli, du bist zweifache Mama. Erschwerte dir die Endometriose die Erfüllung deines Kinderwunsches?

Melli: Beim ersten Kind wurde ich sehr schnell schwanger (aber Sanierung und Eilleiter-Durchspülung einJahr vorher), beim zweiten Kind hat es aber fast zwei Jahre (und zwei Operationen im Vorfeld) gedauert. Nach der letzten Sanierung (u. a. Organverklebungen, festgewachsener Eierstock) wurde ich dann aber schon nach drei Wochen schwanger 🙂 Das war schon ein langer und oft enttäuschender Prozess, obwohl wir wussten, woran es lag. Wir haben uns sogar im Kinderwunsch-Zentrum beraten lassen.

Wie verliefen deine Schwangerschaften, gab es aufgrund der Endometriose Komplikationen während der Schwangerschaften oder bei den Geburten?

Melli: Die erste Schwangerschaft war bis auf die üblichen Begleiterscheinungen gut, die zweite hingegen war hart: Sechs Monate heftige Übelkeit, Zervix-Verkürzung, Frühgeburtsrisiko, Beckenschmerzen und Bewegungsprobleme sowie Vena-Cava-Syndrom mit Ohnmacht.
Ich denke, die zweite Schwangerschaft war deswegen so schwierig, da mein Körper einfach geschwächt war durch die OPs vorher (zwei Mal in zehn Monaten, davon eine kurz vorher) und das Jahr war auch bisher das Schlimmste, was die Schmerzen der Endometriose anging.

Die Geburten waren beides Kaiserschnitte (beim ersten Kind wegen Beckenendlage. Beim zweiten Kind gab es ein zu großes Risiko innere Blutungen zu erleiden wegen der vielen Eingriffe vorher), liefen aber an sich beide gut. Nur hatte ich beide Male kurz nach der Geburt einen Wochenflussstau. Leider gab es nach der zweiten Geburt dadurch (fünf Tage später) massive Komplikationen und nur dank einer Not-OP bin ich nicht verblutetet. Meine Historie ist da leider nicht ganz unschuldig. :-/

Wie waren deine Endometriose Beschwerden zwischen den beiden Schwangerschaften? Wie sind sie heute, nach deiner zweiten Entbindung?

Melli: Auch, wenn man öfter hört, eine Schwangerschaft kann die Endometriose lindern oder sogar heilen, bei mir war das nicht der Fall. Sie wurde leider schlimmer. Ich bin aktuell wieder in dem Dilemma, wie ich die Krankheit und meinen Alltag wieder auf die Reihe bekomme mit den starken Schmerzen. Ich darf durch das Stillen nicht allzu viel machen (nur bestimmte Medikamente, keine Kuren, Sport in Maßen). Mir hilft aber definitiv regelmäßig Yoga, Wärme und Liegen, was leider mit zwei Kindern nicht leicht zu organisieren ist. Ich bin im Gespräch mit meinem Endo-Spezialisten Prof. Dr. Weißenbacher vom MIC-Zentrum. Zu allererst soll aber alles erstmal heilen und in Ruhe gelassen werden, bevor man weitere Schritte unternimmt.

Gibt es etwas, das du unseren Leser*innen noch mit auf den Weg geben möchtest?

Melli: Ich kann nur jedem Mädchen und jeder Frau empfehlen, Unterleibsschmerzen oder andere Symptome nicht einfach hinzunehmen und sich checken zu lassen. Selbst wenn der erste Arztbesuch ernüchternd war, hol Dir eine zweite (Spezialisten-) Meinung ein. Und rede mit Menschen, die Dir nahe stehen und mit Betroffenen – das hilft am Allermeisten :).

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