Dr. med. Sibylla Krane im Interview

Integrative Medizin beschreibt ein „Gemeinsam“, eine aktive Zusammenarbeit von konventioneller Schulmedizin und naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Behandlungsverfahren. In unserem Interview mit der Ärztin Dr. med. Sibylla Krane sprechen wir über naturheilkundliche und komplementärmedizischen Behandlungsverfahren und wie sie begleitend zur konventionellen Endometriose- und Adenomyosetherapie (Operation, Hormontherapie, Kinderwunschbehandlung) eingesetzt werden können.

Dr. med. Sibylla Krane – Ärztin für Integrative Medizin

Dr. med. Sibylla Krane ist Ärztin für Integrative Medizin in München. In unserem Interview spricht sie über ihr ‚Warum‘ und zeigt, wie naturheilkundliche und komplementärmedizinische Verfahren im Sinne der Integrativen Medizin zur Behandlung von Endometriose & Adenomyose eingesetzt werden können.

Dr. med. Sibylla Krane, Sie arbeiten als Integrative Ärztin – was bedeutet das konkret für Ihre Patient:innen, für deren Behandlung? 

Dr. med. Sibllya Krane: Integrative Medizin bedeutet für mich, die bestmögliche Versorgung aus zwei Welten zu verbinden: evidenzbasierte Medizin und fundierte komplementärmedizinische Verfahren. In meiner Praxis bedeutet das, dass ich nicht nur Symptome behandle, sondern wir gemeinsam auf mögliche Ursachen, Lebensstil, Ernährung, Stressachsen und biologische Rhythmen schauen. Es ist eine umfassende Begleitung für meine Patientinnen in ihrer Gesamtheit – körperlich, emotional und auch in ihrem persönlichen Lebenskontext. Bei komplexen Erkrankungen wie Endometriose oder Adenomyose ist dieser Ansatz besonders wertvoll, weil wir gemeinsam individuelle Lösungen entwickeln, die über die klassischen Behandlungsmethoden (OP, Hormontherapie) hinausgehen.

Wieso haben Sie sich für Integrative Medizin und gegen reine konventionelle Medizin entschieden?

Dr. med. Sibylla Krane: Ich habe lange rein konventionell gearbeitet – mit einem naturwissenschaftlich geprägten Hintergrund. Was mir aber gefehlt hat, war ein tieferes Verständnis für die individuellen Geschichten meiner Patientinnen und zusätzliche Ansätze, wenn die konventionelle Medizin an ihre Grenzen kommt. Viele der Frauen haben eine lange Leidenszeit hinter sich – mit  Fehldiagnosen, starken Schmerzen, unerfülltem Kinderwunsch oder wiederholten Eingriffen. Die evidenzbasierte Medizin bietet sehr gute Möglichkeiten – aber sie greift oft zu kurz, wenn es um Lebensqualität, Selbstwirksamkeit und Prävention geht. Die integrative Medizin erlaubt mir, diese Lücke zu schließen.

Welche komplementärmedizinischen & naturheilkundlichen Behandlungsverfahren setzen Sie ein?

Dr. med. Sibylla Krane: Ich arbeite mit einem individuellen Therapiekonzept, das ich für jede Patientin erstelle-aufgrund einer ausführlichen Anamnese (Symptomschwerpunkte, Begleiterkrankungen, Medikation und bisherige Therapien, sowie Zyklus-Tracking und Patientinnenprotokolle).

Wie könnte ein Behandlungskonzept aussehen? Und wie können Endometriose- und Adenomyose Betroffene von diesen Verfahren profitieren?

Dr. med. Sibylla Krane: Ein integrativer Therapieplan richtet sich nicht nur nach der Diagnose, sondern nach den Lebensumständen und Bedürfnissen der Patientin.

In der Regel umfasst er folgende Elemente:

  • Akupunktur : mit dem Ziel der Schmerzmodulation, Zyklusausgleich, vegetative Harmonisierung
  • Europäische Naturheilkunde (Kneipp (hier v.a. Hydrotherapie und Pflanzenheilkunde): nach individueller Symptomatik
  • Ernährungsmedizin: Entzündungsmodulierende Kost, hochwertige Fette, ausreichend Ballaststoffe, niedrig-glykämische Lebensmittel, Darmgesundheit.
  • Ayurveda: Lebenstilmodifikationen, Ernährung, Asanas (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen)
  • Mind-Body-Medizin: Bewegung, Stressreduktion, Körperwahrnehmung (Journaling zu Zyklusverlauf, Schmerzintensität, Auslöser)

Am Ende steht aber nicht nur die Therapie durch mich als Ärztin im Vordergrund, sondern auch die Empfehlungen zur Selbstfürsorge und Therapien, die die Patientinnen zuhause selbst anwenden können.

Inwieweit können komplementärmedizinische & naturheilkundliche Behandlungsverfahren begleitend zur konventionellen Hormontherapie bei Endometriose und Adenomyose eingesetzt werden? Ist es sinnvoll?

Dr. med. Sibylla Krane: Ehrlich gesagt, sehr gut. Das ist keinesfalls ein Widerspruch. Im Gegenteil: Viele komplementäre Verfahren sind synergistisch einsetzbar. Es geht dabei nicht um ein “entweder – oder”, sondern um ein “sowohl – als auch”, abgestimmt auf die jeweilige Situation.

Ein integratives individuell an die Patientin angepasstes Protokoll, begleitet sie während der Zeit der Behandlung. Da ich viel mit Lebensstilmassnahmen (Ernährung, Bewegung, Stressmanagement) arbeite, muss das auch die für die Patientin passen und umsetzbar sein. Durch den Einsatz von Coachingelementen, kann ich meinen Patientinnen nicht nur Therapievorschläge und Empfehlungen geben, sondern Sie auch bei der Umsetzung und Integration in ihre individuellen Lebensumstände unterstützen. Durch die Stärkung der Selbstwirksamkeit, Verstehen der Ursachen, Zusammenhänge und Wirkungen auch der konventionellen Therapie, ist die integrative Therapie oft ein echter Gewinn für die betroffenen Frauen.

Die Einbindung der Patientin in Entscheidungsprozesse fördert die Therapieadhärenz und das Wohlbefinden.

Dr. med. Sibylla Krane

Anm. d. Red.: Therapieadhärenz, oder auch Therapietreue, bezeichnet das Ausmaß, in dem Patient:innen die gemeinsam mit der Ärztin vereinbarten Therapieempfehlungen befolgen.

Können komplementärmedizinische & naturheilkundliche Behandlungsverfahren als OP-Vorbereitung dienen? Wenn beispielsweise eine große Sanierung, eine Darmresektion ansteht? 

Dr. med. Sibylla Krane: Ja, absolut. Eine gute präoperative Vorbereitung kann die Regeneration nach größeren Eingriffen deutlich verbessern. Das betrifft sowohl körperliche als auch emotionale Aspekte.

Anm. d. Red.: präoperativ: vor einer Operation

Wie können komplementärmedizinische & naturheilkundliche Behandlungsverfahren eine ‚klassische‘ Kinderwunschbehandlung unterstützen?

Dr. med. Sibylla Krane: Hier spielt die integrative Medizin ,meiner Meinung nach, eine besonders wichtige Rolle. Viele Frauen mit Endometriose haben einen langen Weg hinter sich – mit Frustration, Druck, Ängsten. Zyklusregulation, Mikronährstoffoptimierung und emotionale Stabilisierung sind hier zentrale Elemente. Wichtig ist auch die Reduktion mentalen Drucks – durch Körperarbeit, Atmung oder Achtsamkeit. 

Ziel ist es, eine gesunde Grundlage zu schaffen – für Körper und Kopf. Sie kann den Frauen helfen, wieder Vertrauen in den eigenen Körper zu entwickeln. Auch die Partnerschaft profitiert davon.

1-2 Tipps, was Betroffene einfach für sich selbst tun können?

Dr. med. Sibylla Krane: Regelmäßige, achtsame Wärmeanwendungen – z. B. Abends mit einem Lavendel-Fußbad und/oder einer Wärmflasche – in Kombination mit ruhiger, bewusster Atmung: Das beruhigt das vegetative Nervensystem und kann krampflösend wirken.

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Lavendel wirkt ausgleichend, beruhigend, aufbauend und stimmungshebend. Er unterstützt einen erholsamen Schlaf.

Ein weiterer Tipp für zuhause ist die Akupressur von Milz 6.

Der Punkt liegt etwa vier Finger oberhalb des Innenknöchels, direkt hinter dem Schienbein. Er wird in der Akupunktur traditionell bei Menstruationsbeschwerden eingesetzt – er kann Schmerzen lindern und das Nervensystem beruhigen. Einfach mit dem Daumen ein bis zwei Minuten sanft drücken. WICHTIG, diesen Akupressurpunkt NICHT in der Schwangerschaft anwenden.

Anm. d. Red.: Bei der Akupressur werden im Gegensatz zur Akupunktur keine Nadeln verwendet, sondern Punkte am Körper mittels Druck stimuliert. Der Druck wird mit der Fingerkuppe ausgeübt und kann unterschiedlich stark ein. Akupressur kann frau selbst ausüben oder Bezugspersonen bitten die Druckpunkte zu stimulieren. Link zu einem Schaubild, um den Akupressurpunkt Milz 6 zu finden.

Wir danken Dr. med. Sibylla Krane für Ihre Zeit & Mühe und wünschen uns von Herzen, dass viele Betroffene ganzheitlich, integrativ auf ihrem Endometriose & Adenomyose – Weg begleitet werden.

Bild 1 © Dr. med. Sibylla Krane.

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