Diagnose Harnleiter- & Blasen-Endometriose plus Adenomyose – Anitas Geschichte

Viele Jahre tappt Anita im Dunkeln. Jahre voller Schmerzen und starker Blutungen liegen hinter ihr. Seit ihrem 11. Geburtstag. Heute ist Anita 46, hat viele Operationen hinter sich, unter anderem eine Gebärmutterentfernung und lebt mit der Diagnose Harnleiter- und Blasen-Endometriose und Adenomyose. Ihre letzte Operation hat Anita 2021 an den Beckennerven.

Anita ist seit 29 Jahren mit ihrem Mann zusammen und Mama eines grandiosen 16 jährigen Sohnes. Von Beruf ist sie Erzieherin. Dieser Beruf ist für sie auch Berufung: „Ich liebe es, Kinder auf ihrem Weg ein Stück begleiten zu dürfen und ein Teil Ihrer Entwicklung zu sein. Doch die Endo macht es mir sehr schwer, dieser Berufung weiter nach zu gehen.“ Danke Anita, dass du deine Geschichte mit uns teilst!

Wann hast du deine Diagnose erhalten und welche Erfahrungen hast du auf dem Weg bis dahin gemacht?

Anita: Meine Periode bekam ich kurz vor meinem 11. Geburtstag. Stark, schmerzhaft, lang. 7-11 Tage waren normal. Ich weiß noch, wie ich beim Spielen mit anderen Kindern, mich zwischendurch hin hocken musste, um diese wehenartigen Krämpfe abzuwarten. Dann die vielen peinlichen Momente von durchgebluteten Jeans oder Betten, wenn ich zu Übernachtungsbesuchen war. Mit 13 bekam ich die erste Pille verschrieben. Damit wurden die schlimmen Tage planbar. Pünktlich zur monatlichen Pillenpause kam die Blutung und blieb bis zur Einnahme der ersten Pille der neuen Packung. Genau 7 Tage. Weiterhin sehr stark, weiterhin mit Schmerzen und heftigen Darmproblemen.

Mit 14 hatte ich die erste Darmspiegelung. Mehrmals Verdacht auf Blindarmentzündung. Angebliche Magenschleimhaut Entzündungen, die auch medikamentös behandelt wurden. Blasenentzündungen. Ständig hatte ich Schmerzen. Da meine Klassenkameradinnen ebenfalls von Regelbeschwerden erzählten, dachte ich, ich bin halt sehr empfindlich. Sie konnten allerdings spielen, draußen abhängen, sich mit Freunden treffen. Ich habe mich da schon oft zurückgezogen. Bin halt empfindlich. So vergingen die Jahre.

Mit 30 bekam ich unser Wunschkind. Ein Wunder wie mir Ärzte heute sagen. Nach der Geburt lief alles aus dem Ruder. Ständig Blutungen, zum Teil Sturzblutungen. Mir ging es nicht gut. Der Kommentar meines Gynäkologen: „Das ist manchmal so nach Geburten. Bei einigen Frauen pendelt sich das wieder ein, bei anderen eben nicht.“

3 Jahre habe ich verschiedene Pillen bekommen. Alles wurde gefühlt schlimmer. Bis ich endlich, auf Anraten einer Freundin, zu ihrer Frauenärztin wechselte. Die überwies mich schon bald in eine Gynäkologische Tagesklinik. Endometriose wurde gefunden, aber darüber aufgeklärt worden bin ich nicht.

Neben Harnleiter- und Blasen-Endometriose wurde bei dir auch Adenomyose diagnostiziert. Welche Symptome hattest du und wie kam es zur Diagnose?

Da die Blutungen immer wieder stark und Zyklus unabhängig wieder kamen, folgten weitere ambulante Bauchspiegelungen. Auch eine Verödung der Gebärmutterschleimhaut brachte natürlich keinen Erfolg. 2012 dann Entfernung der Gebärmutter. Ergebnis Adenomyose. Der Gebärmutterhals blieb erhalten. Aufklärung: Nullkommanull.

2 Jahre später Gebärmutterhals-Entfernung, wegen weiterer Blutungen. Noch immer war mir das Ausmaß der Erkrankung nicht klar. Ich fühlte mich im Krankenhaus gut behandelt. Dachte ja immer, nach dieser OP ist alles gut und vorbei. Wie naiv ich war. Kein ganzes Jahr, nachdem nun auch der Gebärmutterhals raus war, bekam ich wieder Blutungen. Oft tat mir die Blase weh. Manchmal stach etwas in die Blase. Kurz bevor die Blutungen kamen, hatte ich das Gefühl eines Luftballons der endlich mal platzen müsste. Ich konnte nicht richtig sitzen. Harndruck trat sehr plötzlich auf, so dass ich Urin kaum, manchmal auch gar nicht, halten konnte.

In dieser Zeit hatte ich dreimal so unfassbar schlimme, kolikartige Krämpfe, dass ich freiwillig in die Notaufnahme bin. Doch gesehen wurde nichts. Mir ging es immer schlechter. Ich konnte schon nicht mehr sagen, was es genau war. Ich fühlte mich einfach nur noch so krank. Nachdem die Blutungen wieder eine Stärke angenommen hatten, wie zu meiner Jugend, bestand ich auf eine Bauchspiegelung. In der Klinik gab es mittlerer Weile einen neuen Arzt. Er hatte Erfahrung mit Endometriose. Eine Woche vor der OP schickte er mich noch zur Blasenspiegelung, da er eine Beteiligung der Blase ausschließen wollte.

Der Urologische Oberarzt war sehr arrogant. Natürlich war alles unauffällig und er fühlte sich augenscheinlich in seiner Zeit gestört, da mein Arzt auf die Untersuchung bestanden hatte. So kam ich zu einer einfachen Endo-Sanierung in den OP. Aus geplanten 45 Minuten, wurden fast 6 Stunden.

TIE (tiefinfiltrierende Endometriose) in Blase und linkem Harnleiter. Der Harnleiter war fast komplett zerstört. Von der Blase musste ein Teil entfernt werden. Zur OP wurde besagter Urologe hinzugezogen, da es ja um den Erhalt meiner Organe ging. Der Urologe hätte meine Niere gerne entfernt. Doch zum Glück hatte mein Arzt schon gute Erfahrungen mit der DJ-Harnleiterschiene auch bei fast zerstörten Harnleitern gemacht. 7 Wochen lag ich, mit Unterbrechungen, noch auf der Urologischen Station.

Aussage des Oberarztes: “Es wäre vielleicht noch einen Monat gut gegangen. Dann hätten Sie akutes Nierenversagen gehabt.“ Ich hoffe, er hat noch heute ein schlechtes Gewissen. Nach dieser OP wurde ich zum ersten Mal umfassend aufgeklärt. Wie gesagt: Neuer Arzt.

Wie beeinflusst die Krankheit dein Privatleben bzw. dein Berufsleben?

6 Monate später ging ich zur Reha nach Ratzeburg. Plötzlich wurde meine ganze Krankengeschichte stimmig. Aus der Reha bin ich für die Tätigkeit als Erzieherin als nicht geeignet entlassen worden. Doch der Gutachter der Rentenkasse meint, mit der OP ist alles beseitigt worden und ich wäre einer gesunden 46 jährigen Frau gleichzustellen. Und das, wo ich einen GDB 60 habe. Ich war nie überempfindlich. Ich bin chronisch krank. Und dass man mir jahrzehntelang nicht geglaubt hat, hat auch meine Psyche zerstört.

Sind noch andere Organe bei dir betroffen?

Im letzten Jahr kam noch eine OP an den Beckennerven hinzu. Ich hatte durch die Endometriose-Vereinigung von Dr. Krentel erfahren. Da ich immer noch Beschwerden hatte, wollte ich gerne mit ihm reden. Ein toller Arzt!

Nun sitze ich hier, schreibe meinen Erfahrungsbericht mit Schmerzen in der linken Niere, einer dicken Blasenentzündung, die trotz Antibiotika nicht wirklich weg geht, und Kämpfe schon wieder mit niedergelassenen Fachärzten um Gehör. Trotz der Vorgeschichte werde ich wieder abgespeist „Sieht alles gut aus. Braucht Zeit. Wird wieder.“ Das Kämpfen hört als chronisch kranker Mensch leider nicht auf.