Osteopathische Behandlung des Beckenbodens bei Endometriose

Die Osteopathie hat zum Ziel immer den Menschen als Ganzes zu behandeln. Aber natürlich kann man den Beckenboden als Teil einer osteopathischen Behandlung behandeln, wenn sich Probleme im Bereich des Beckenbodens ergeben. Bei Endometriose-Patientinnen beispielsweise hat der Beckenboden häufig zu viel Spannung. Das kann sowohl die Funktion beinträchtigen und auch zusätzlich Schmerzen hervorrufen. Osteopathin Linda Schendel erklärt uns die Zusammenhänge und Behandlungsansätze.

Was ist der Beckenboden?

Der Beckenboden ist eine Muskelschicht, die das knöcherne Becken und unseren Rumpf nach unten hin muskulär abschließt. Er besteht aus drei Schichten, die auch durch Bindegewebe und Faszien miteinander verbunden sind. Der Beckenboden liegt zwischen den knöchernen Punkten Schambein, Steißbein und den beiden Sitzbeinhöckern. Er hat verschiedene Aufgaben, wie zum Beispiel die Sicherung der Kontinenz, oder das Halten der Organe. Er unterstützt unsere Haltung und spielt auch eine wichtige Rolle für unsere Sexualität. Er muss die Körperöffnungen öffnen und schließen können und sollte dabei kraftvoll und dennoch elastisch sein. 

In welchem Zusammenhang stehen Beckenboden und Endometriose?

Durch die chronischen Schmerzen und die Entzündungsherde kann es zu einer Veränderung der Schmerzverarbeitung kommen. Die anhaltende Aktivierung der Schmerzrezeptoren kann zu einer Sensibilisierung des zentralen Nervensystems führen, was wiederum zu Schmerzen und Spannungszuständen unter anderem der myofaszialen Strukturen im Beckenbereich führen kann. Bei Endometriose Patientinnen hat der Beckenboden dadurch häufig zu viel Spannung. Das kann sowohl die Funktion beinträchtigen, aber wiederum auch zusätzlich Schmerzen hervorrufen, wie beispielsweise beim Geschlechtsverkehr. 

Allerdings ist natürlich jede Patientin individuell und es lässt sich nichts pauschal über den Zustand des Beckenbodens sagen. Aber in den meisten Fällen ist der Beckenboden eher hyperton und schmerzhaft. 

Kann man den Beckenboden osteopathisch behandeln und wenn ja, wann ist das sinnvoll?

Die Osteopathie hat zum Ziel immer den Menschen als Ganzes zu behandeln. Als eines der osteopathischen Prinzipien gilt, der Körper ist eine Einheit, das heißt alle Strukturen stehen irgendwie miteinander in Verbindung. Aber natürlich kann man den Beckenboden als Teil einer osteopathischen Behandlung behandeln. Sinnvoll ist das, wenn es Schmerzen oder Einschränkungen in der Funktion gibt, wie beispielsweise Inkontinenz, Entleerungsstörungen oder Dyspareunie, oder eben immer dann, wenn sich in der osteopathischen Anamnese und Untersuchung Hinweise auf Probleme im Bereich des Beckenbodens ergeben. 

In den meisten Fällen ist das vorrangige Ziel, den Schmerzkreislauf zu durchbrechen und die myofaszialen Strukturen zu entspannen. Dazu sollte sowohl lokal, am Ort des Geschehens gearbeitet werden, also auch mit intravaginalen Techniken (soweit das möglich ist und natürlich im Einverständnis mit der Patientin geschieht). Aber auch globaler die umliegenden Strukturen und anderen Körpersysteme, wie das Nervensystem, das Hormonsystem oder die Durchblutung sollten reguliert werden.

Da der Beckenboden im Zusammenhang mit vielen anderen Systemen steht, kann er nicht nur gesondert betrachtet werden. So hat die Atmung, die Verdauung, die Haltung, das Hormonsystem, der Kiefer und noch so vieles mehr einen Einfluss auf den Beckenboden und natürlich auch umgekehrt. Eine umfassende und ganzheitliche Befundung und Betrachtung sollte also Voraussetzung sein. Genau dafür ist die Osteopathie eine sehr geeignete Methode. Aber auch speziell im Beckenbodenbereich ausgebildete Physiotherapeutinnen können helfen. Für sehr wichtig halte ich allerdings eine vaginale Tastuntersuchung, da man nur so einen wirklich aufschlussreichen Eindruck vom Beckenboden bekommt. Außerdem ist so auch gleich eine Wahrnehmungsschulung für die Patientin möglich. 

Ist Beckenbodentraining für Endometriose-Betroffene empfehlenswert, z.B. mit Liebeskugeln?

Wie immer, man kann es nicht pauschal sagen. Allerdings ist bei den meisten Patientinnen mit Endometriose, wie bereits erwähnt, eher zu viel Spannung im Beckenboden vorhanden. Das kann aber auch bedeuten, dass er kraftlos ist. Ein verspannter Beckenboden kann sich nicht gut kontrahieren. Meistens geht es also erstmal um eine gute Entspannungsfähigkeit und dann möglicherweise auch um eine adäquate Kräftigung.

Liebeskugeln sind Gewichte. Wenn der Beckenboden verspannt ist, dann können diese kontraproduktiv sein, da der Beckenboden über einen langen Zeitraum zusätzliches Gewicht halten muss und noch mehr verspannt. Von denen würde ich also abraten. Wenn eine Anspannung durchgeführt wird, dann geht es auch immer wieder um eine ganz bewusste Entspannung. Andere Beckenbodentrainer, wie zum Beispiel Biofeedbackgeräte sind dafür eher geeignet, da sie das An- und Entspannen bewusst machen und aufzeigen. Aber man sollte trotzdem vorher bei einer Therapeutin das richtige An- und Entspannen schonmal gelernt haben. Mittlerweile gibt es dafür sogar Apps.

Was auch ein ganz gutes Tool sein kann, ist ein Vibrator. Durch die Vibration und das Bearbeiten bestimmter Punkte, kann der Beckenboden gut durch die Patientin selbst gelockert werden.  

Aber auch hier, bitte immer zu einer spezialisierten Therapeutin gehen, die auch vaginal untersucht und behandelt. Für jede Patientin muss individuell entschieden werden, welche Maßnahmen geeignet sind.

Danke Linda, dass du dir die Zeit genommen hast unsere Fragen zu Osteopathie & Beckenboden zu beantworten.

Hier gehts zum Interview mit Linda über Osteopathie bei Endometriose & Adenomyose.

Linda Schendel ist selbständige Physiotherapeutin, Osteopathin und Heilpraktikerin. In ihrer Praxis am Ammersee behandelt sie unter anderem Frauen mit urogynäkologischen Beschwerden. Als Frau und Therapeutin ist es ihr Herzensthema anderen Frauen mit spezifischen weiblichen Problemstellungen zu helfen und Körper, Geist und Seele wieder in Balance zu bringen.

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