Linda Schendel über Osteopathie bei Endometriose & Adenomyose

Linda Schendel ist selbständige Physiotherapeutin, Osteopathin und Heilpraktikerin. In ihrer Praxis am Ammersee behandelt sie unter anderem Frauen mit urogynäkologischen Beschwerden. Als Frau und Therapeutin ist es ihr Herzensthema anderen Frauen mit spezifischen weiblichen Problemstellungen zu helfen und Körper, Geist und Seele wieder in Balance zu bringen.

Osteopathie bei Adenomyose & Endometriose

Mit Endometriose sind häufig chronische Schmerzen und vermehrt Beckenbodenverspannungen verbunden. Die Osteopathie zielt als komplementäres Therapieverfahren auf die Mobilisierung der Organe durch Bindegewebslockerungen, um Funktionsstörungen zu lösen und die Funktion wiederherzustellen. Osteopathie darf nur von ausgebildeten Experten, wie Ärzten oder Heilpraktikern ausgeübt werden.

Wir haben mit Osteopathin Linda Schendel über Osteopathie und ihren Einsatz und Wirkung bei Endometriose & Adenomyose gesprochen. Linda Schendel sieht die Osteopathie als ihre Hauptbehandlungsweise, hält es jedoch für sinnvoll die Behandlung mit naturheilkundlichen Mitteln zu ergänzen. Vor allem bei typischen Frauenleiden wie Zyklusbeschwerden, Myomen und Zysten, Kinderwunsch, alles rund um Schwangerschaft, Geburt oder Wechseljahren hält die Natur eine Schatzkiste an Präparaten und Anwendungen bereit, die viele Beschwerden ganzheitlich unterstützen können. Danke an dieser Stelle auch noch einmal Linda für deine Antworten!

Was ist Osteopathie?

Linda Schendel: Osteopathie gehört zu den komplementären Therapieverfahren und ist eine Behandlungsform, welche vorrangig mit den Händen stattfindet. Aus didaktischen Gründen wird sie eingeteilt in Parietale, Viszerale und Craniosakrale Osteopathie, aber im Grunde genommen ist alles eins, da alles im Körper über verschiedenste Systeme zusammenhängt. Gute anatomische Kenntnisse und eine gute Palpationsfähigkeit (Anm. One in Ten: Palpation bedeutet manuelle Untersuchung eines Patienten) sind Voraussetzung. Osteopathen suchen nämlich mit ihren Händen nach der Ursache von Beschwerden. Ihr Ziel ist es, Funktionsstörungen, Spannungen und Blockaden, die eine Krankheit herbeiführen können, aufrechterhalten oder begünstigen, wieder zu lösen. Auch in der Gynäkologie kommt die Osteopathie zur Anwendung, was sie zu einem interessanten Aspekt für Endometriose-Erkrankte macht.

Wie kann Osteopathie bei Endometriose & Adenomyose helfen?

Linda Schendel: Die Osteopathie versucht die ‚normale‘ Funktion und die Beweglichkeit der Organe wiederherzustellen, indem zum Beispiel bindegewebige Spannungen gelöst werden. Das betrifft beispielsweise auch Verwachsungen zwischen den Organen, oder auch Narbengewebe nach Operationen.

Außerdem haben viele Frauen mit Endometriose und chronischen Unterbauchschmerzen auch vermehrte Spannung im Beckenboden, was auch Probleme beim Wasserlassen, Stuhlgang oder beim Geschlechtsverkehr mit sich bringen kann. Das ist ein weiterer interessanter Ansatzpunkt für eine osteopathische Behandlung. Natürlich soll immer auf die Patientin als Individuum eingegangen werden, mit ihrer kompletten Krankengeschichte, Vorgeschichte, ihren Wünschen und ihren individuellen Therapiezielen. Geht es beispielsweise um eine akute Problematik, um Kinderwunsch, oder hauptsächlich um die Schmerzen, etc.

Nicht zu vergessen und unbedingt auch mitzubehandeln ist das Hormonsystem. Hier gibt es wunderschöne osteopathische Techniken um die hormonelle Achse zu harmonisieren und die Hormondrüsen auszugleichen.

Also zusammengefasst: Operationsvorsorge, Operationsnachsorge, Zyklusbeschwerden, alle anderen Beschwerden, Unterstützung beim Kinderwunsch.

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In welchem Rhythmus sollten osteopathische Behandlungen stattfinden?​

Linda Schendel: Das ist sehr individuell, je nach Beschwerden. Da Endometriose chronisch verläuft, tut es den meisten Frauen auch gut, sehr regelmäßig zu kommen. Ich versuche auch meistens die Behandlungen an den hormonellen Rhythmus anzupassen. Und natürlich, um Operationen vorzubereiten und auch zur Operationsnachsorge.

Kann man nach der osteopathischen Behandlung etwas tun, um den Behandlungserfolg zu verbessern, wie Bewegung, etc.?​

Linda Schendel: Viel trinken, alle Bewegungen die gut tun, Spaziergang machen, evtl. in die Badewanne, oder eben einfach das, was der Frau in dem Moment gut tut. Wenn es tanzen ist, dann eben tanzen.
Sonst zur Unterstützung Akupunktur, Basenbäder, Psychotherapie, v.a. auch bei Kinderwunsch. Da muss man nicht alleine durch!!! Und aus der Naturheilkunde gibt es natürlich auch eine Fülle an Mitteln, die unterstützen können, wie z. B. Alchemilla, Gänsefingerkraut, das ‚Krampfmetall‘ Kupfer, Ackerschachtelhalm, Sitzbäder, Ernährung, evtl. bioidentische Hormone (Progesteron) etc.
(Anm. One in Ten: Naturheilkundlich und komplementärmedizinische Behandlungsverfahren sollten stets in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder Heilpraktiker angewendet werden. Bitte niemals diese oder auch andere Mittel einnehmen, ohne einen Experten zu konsultieren.)

Wie viel Zeit muss nach einer Bauchspiegelung vergehen, bis eine osteopathische Behandlung stattfinden darf?​

Linda Schendel: Im Grunde genommen kann man auch sofort mit einer osteopathischen Behandlung beginnen, um die Heilungsprozesse zu unterstützen, wie z. B. um den Abtransport der Gase aus dem Bauchraum zu verbessern. Sonst geht es ja dann hauptsächlich darum Adhäsionen (Anm. One in Ten: Adhäsion ist die Verwachsung oder fibrinöse Verklemmung von Eingeweiden) zu verhindern und die Narben zu mobilisieren. Also auch hier wieder individuell, wenn der Heilungsprozess gut vorangeschritten ist, die Narben verheilt sind und die Frau sich soweit fühlt.

Was sind Kontraindikationen für eine osteopathische Behandlung?

Linda Schendel: Es gibt nur wenige. Akute hochentzündliche Prozesse gehören dazu, wie zum Beispiel eine Entzündung der Gebärmutter (Endometritis).

Was kostet eine osteopathische Behandlung?

Linda Schendel: Das ist ganz unterschiedlich, bei mir kann man mit 80 bis 100 Euro rechnen für 50 bis 90 Minuten. Einige Krankenkassen bezuschussen die Kosten, Private Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel ganz.

Was möchtest du Betroffenen mit auf den Weg geben?

Linda Schendel: Sucht euch Hilfe, auf allen Ebenen. Ihr seid nicht allein. Seien es Selbsthilfegruppen, Psychotherapie, Schmerzbewältigungsstrategien, Naturheilkundliche Unterstützung. Man muss es nicht als gegeben hinnehmen. Und pocht darauf, ernst genommen zu werden, klärt auf. Endometriose ist soviel mehr als monatliche Regelschmerzen. Und tut auch was für euch, selbst wenn es euch gerade gut geht.

Wie würdest du Endometriose in einem Bild ausdrücken? Was symbolisiert für dich Endometriose?

Linda Schendel: Da kommen mir mehrere Bilder in den Kopf… Wärmflaschen, Schokoladenmuffins mit flüssigem Kern (wegen der Schokoladenzysten 🤷🏻‍♀️), aber vor allem das Bild einer starken Frau. So eine Jeanne d‘Arc, mit erhobenem Schwert, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht und sich in den Kampf schmeißt. Eigentlich sind fast alle Frauen mit Endometriose, die ich kenne, wirklich starke Frauen.

Welchem Irrglaube begegnest du bezüglich Endometriose & Adenomyose immer wieder?​

Linda Schendel: Eigentlich habe ich das Gefühl, dass in meinem Umfeld alle recht gut Bescheid wissen, also speziell unter den Frauen. Da einfach mehr Frauen betroffen sind, als man denkt und auch recht offen darüber gesprochen wird. Die Männer könnten vielleicht noch ein bisschen mehr Aufklärung vertragen.

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1 Kommentar zu „Osteopathin Linda Schendel im Interview“

  1. Ich leide auch unter Endometriose. Gut zu wissen, dass hierbei Osteopathie hilft und das, obwohl man hier nur mit den Händen arbeitet. Ich hoffe ich finde einen Osteopath in Halberstadt.

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